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     und Foto: Stefan Jahnke

 

Leseprobe - Radtour - Deutschland per Bike

 

Ins Hochsauerland

...
„Wenn wir wirklich nicht reinkommen, müssen wir eben davor campen. Geht dann sicher auch!“
Das war seine Meinung und sicher hatte er damit recht. Denn wo sollten wir hier unten hin? Da hatten wir dort oben sicher mehr davon! Also frisch ans Werk... und den Berg in Angriff genommen!
Innerlich fluchte ich nach Kräften. Wozu erst den Berg hinauf fahren, wenn wir dann morgen wieder hinunter ins Tal mussten?
Doch drücken ging nicht. Wir mussten hinauf!
Das erwies sich für mich jedoch weitaus schwieriger als gedacht, denn die Straße ging wirklich mit einem entsprechend steilen Winkel bergan. Oh weh…
Kräftig in die Pedalen treten hatte da nur bedingt Sinn, denn die Kraft war schon ganz schön klein geworden. Pausierten wir in Gütersloh zu lange? War ich etwa abgeschlafft und hatte die schöne Kondition der Strecke Bad Bramstedt – Gütersloh eingebüsst? Nun, das wäre schade!
Zum Glück gab es nach einem Stück Weg ein Hinweisschild zum Fort Fun. Noch zwei Kilometer trennten uns vom Park. Gut, ich war müde und konnte nicht mehr fahren. Aber schieben doch auf jeden Fall, oder? Also... runter vom Rad und auf, auf zum fröhlichen Schieben!
Thomas war schon gar nicht mehr zu sehen. Ich hatte keine Angst, dass ich ihn eventuell verlieren würde, denn die Straße führte nach oben. Einfach nach oben.

Nach weiteren fünfhundert Metern kam er mir entgegengelaufen. Er hatte wohl Angst, dass ich umgefallen bin. Nun ja, war ja auch bald soweit! Ich schlug mich jedoch tapfer. Wir erreichten dann sein Rad und er fuhr weiter. Ich schob.
Uns trennten nun schon fünfzehn weitere Minuten.
Da kam er wieder.
„Stefan, ich habe da Jemanden getroffen. Die wollen uns helfen!“
Hmm… Getroffen? Verstand ich nicht! Wie kann man hier jemanden treffen, der uns helfen will… und wobei?
Ich schob gleich etwas motivierter weiter und erreichte bald sein Rad.

Da stand ein Ehepaar und unterhielt sich schon wieder mit Thomas.
Sie stellten sich vor, aber ich habe vergessen, wie sie hießen.
Sie machten hier Urlaub, wohnten in einem Haus, das ihnen ein Bekannter für drei Wochen zur Verfügung stellte.
„Und Ihr kommt aus Dresden? Mit dem Rad? Toll!“
Wir berichteten ein wenig von unserer bisherigen Tour. Schließlich meinte der Mann:
„Los kommt, Ihr könnt zwar da nicht zelten, aber ein Abendbrot bekommt Ihr bei uns!“
Und so geschah es dann auch.

Bald schon standen wir vor dem Haus, parkten unsere Räder ein und wuschen und duschten uns im Badezimmer. Dann fragten wir uns noch ohne Zuhörer, womit wir denn diese Freundlichkeit verdienten.
Nachdem wir wieder zivilisiert aussahen, kamen wir ins Wohnzimmer, wo schon der ganze Tisch voller leckerer Sachen gedeckt war.
Wurst, Schinken, Käse, Fett, Butter, Margarine, Brot, Brötchen, Früchte, Gemüse…
Auch Getränke…
Und wir ließen es uns schmecken.
Nebenbei erzählten wir von unserer Tour, mussten über Dresden und dessen Modernisierung berichten, brachten unsere Erlebnisse mit der Wende an und erfuhren, dass die Beiden, die irgendwoher aus Württemberg stammten, auch Verwandte in Sachsen hatten, die Wende mit gemischten Gefühlen erlebten und nun endlich doch an eine Wiedervereinigung glaubten.
Mitgenommen hatten sie uns aber, weil der Mann ein begeisterter Radsportler war und unsere Tour als „Super Ding!“ einstufte.

Gemütlich auf dem Sofa sahen wir dann noch die Nachrichten und ließen uns vom Wetterbericht vorgaukeln, dass wir wohl in den nächsten Tagen mit einer ordentlichen, vor allem wolken- und regenfreien Sonne zu rechnen hatten.
Na, wer's glaubt!

Dieses Erlebnis, wie wir also einfach so von der Piste weg an den Abendbrottisch geschleppt wurden, war wohl das frappierendste auf unserer gesamten Tour.
Einfach schön!
Um nicht ganz den Anschluss an unseren Zeltplatz zu verlieren, suchten wir gemeinsam während des Essens die Telefonnummer von dessen Verwaltung heraus und ich rief da an.
„Ja, kein Problem. Wir sind immer da! Klingeln Sie nur recht laut. Dann komme ich runter und zeige Ihnen, wo Sie aufbauen können! Nur die Gaststätte ist heute schon zu. Wenn Sie also noch etwas brauchen… bitte unterwegs besorgen... oder da schon essen!“
Na, besser konnte es ja gar nicht sein!
Natürlich brauchten wir so nichts mehr und waren froh, in Olsberg nur auf überfüllte Gasthäuser gestoßen zu sein. Denn diesen Zwischenstopp hier am Berg hätte es so wahrscheinlich nie gegeben!

Nachdem wir dann noch mit dem Urlaubs-Hausherrn ein, zwei Bier geleert hatten und uns artig bedankten, hieß es, Abschied nehmen.
Wir bekamen noch ein Wurstpaket und jeder ein Bier „zum Einschlafen“ mit. Dann ging es hinaus. Da der Zeltplatz vor dem Fort Fun liegen sollte, konnte es sich nur noch um eine halbe Stunde oder weniger handeln. Dann mussten wir unweigerlich ankommen!
Es war nun klar, warum die Leute das taten.
Sie waren einfach nur nett. Und begeistert. Von uns... unserer Tour!

Nun ging es doch schneller als gedacht. Da wir schon fast ganz oben waren, konnte auch ich wieder kräftig – na ja – in die Pedalen treten. So kamen wir in rund zehn Minuten am Zeltplatz an.
Wirklich. Ein Gasthof stand da. Und daneben erkannten wir ein großes Tor, über dem in großen Letter stand „Camping Wasserfall“.
Wasserfall… Wo? Egal! Hauptsache, erst einmal da... und rein!

Ich klingelte am Gasthaus. Die Telefonstimme meldete sich an der Gegensprechanlage.
„Ach ja, die Radler! Alles klar… ich komme runter! Aber die Bezahlung machen wir morgen. Die Kasse schließe ich jetzt nicht noch einmal auf!“
Auch gut. Waren wir halt noch eine Nacht reich(er)!

Der Mann kam heraus, begrüßte uns, nannte den Preis und zeigte uns eine schöne, ebene Fläche, auf der wir aufbauen konnten.
„Hier ist es ruhig. Die Waschräume und Toiletten sind da im Gasthaus unten drin, aber die Gäste kommen alle von weiter links. Da könnt Ihr morgen richtig ausschlafen!“
Nun, ausschlafen wollten wir zwar eigentlich nicht – oder konnten es uns nicht leisten, denn der Weg war weit... und ist nicht das Ziel, sondern umgekehrt. Aber es war einfach nett!
Da wir keinen Strom- oder Wasseranschluss benötigten, schien damit die gesamte Einweisung schon erledigt und wir waren wieder allein… in der Dunkelheit, denn die Laternen am Wege schalteten sich eben aus.
Dunkel.
Wie sollten wir so aufbauen?
Der Platzwart kam wieder und zeigte uns noch den Schalter für die direkt neben unserem Platz stehende Laterne.
„Wir machen hier nachts aus. Das ist wegen dem Naturschutz. Sonst dürften wir hier gar nicht sein. Müsst Ihr verstehen.
Sicher habt Ihr eine Taschenlampe oder so etwas. Dann nehmt die. Und wenn Ihr mehr Licht braucht – so, wie jetzt beim Aufbau – dann könnt Ihr das große Licht anmachen. Aber bitte nicht vergessen, es wieder auszumachen. Sonst kommen diese Grünen von da drüben…“
Er zeigte in eine Richtung quer über die Zufahrt hinweg.
„… und machen uns unheimlichen Ärger. Das ist dann für alle nicht gut, denn die wollen immer einen Schuldigen, den sie dann abfetten.
Das muss ja nicht sein.
Also…
Aufbauen und dann Licht aus.
Gute Nacht!“

So sattelten wir ab, bauten auf und schliefen ein. Schöner Tag!

 

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